OTZ Jena | von Thomas Stridde
28.02.2022
Jena. Ein Fest zum 500. Jahrestag des Aufenthalts von „Junker Jörg“ im „Schwarzen Bären“ in Jena wird am Donnerstag gefeiert.
Bianka und Andreas Kamprad, Inhaber-Ehepaar des „Schwarzen Bären“, mit echten Lutherbrötchen im Hotel-Foyer, das geprägt ist vom Gemälde (Hintergrund) zum Aufenthalt Luthers im Hause vor 500 Jahren.
Foto: Thomas Stridde
Reden wir doch übers Wetter! Weil das Fest zum 500. Jahrestag des Aufenthalts von Martin Luther im „Schwarzem Bären“ in Jena an diesem Donnerstag vor dem Hotel steigt, birgt der 3. März als Feiertag meteorologisch kein gutes Omen. Bei der Einlade-Runde mit Blick auf den besonderen Tag mimte Helmut G. Walther heiter-ironisch den Wetterfrosch: Als die Studenten Johannes Kessler und Wolfgang Spengler aus St. Gallen in der Schweiz vor 500 Jahren im „Bären“ eintrafen, seien sie von einem Unwetter gezeichnet gewesen, ehe Luther alias Junker Jörg sie an seinen Tisch lud, so berichtete der emeritierte Professor, der 1993 bis 2009 den Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte der Jenaer Universität führte. Doch müsse man ja nun nicht alle historischen Linien so lupenrein aufnehmen, entgegnete Uni-Sprecher Axel Burchardt …
Jena sei in Luthers Lebenslauf mehrfach bedeutsam gewesen, wenn es um Weichenstellungen ging. Walther wies etwa auf Luthers Eintritt in den Erfurter Augustinerorden hin, ein Haus mit dem Etikett „Anhänger der Reformfront“, wo er 1507 zum Priester geweiht wurde. Sieben protestierende Thüringer Klöster hätten in Jena von der Kirche ein Kompromisspapier vorgelegt bekommen – und abgelehnt. Ohne diesen „Jenaer Rezess“ gäbe es die Reformation nicht, stellte Walther fest.
Der Historiker sprach aber auch Luthers „längsten und eindrücklichsten Aufenthalt“ in Jena im Sommer 1524 an, als er von seinem Wartburg-Exil aus gen Wittenberg auf „Visitationsreise“ war und in Jena Station machte. Nach Luthers Stadtkirchen-Predigt im August gegen die radikalen Reformatoren Martin Reinhardt, Andreas Bodenstein alias Karlstadt und Thomas Müntzer („ohne die beiden Ersten zu erwähnen“) habe sich Karlstadt gegenüber Luther im „Schwarzen Bären“ gegen dessen Denunziation ausgesprochen.Und eine heimatkundliche Korrektur: Luther habe seine Predigt im Oktober 1529 nicht auf dem Wanderweg-Vorsprung am Mühltal-Beginn – heute „Lutherkanzel“ – gegeben, sondern in der Stadtkirche.
Ausgeschrieben ist die Feier am Donnerstag ab 11 Uhr als Beitrag der Impulsregion Erfurt – Weimar – Jena zum Lutherjahr 2022. Und so ist Karl-Heinz Kraas als Regionalbeirat der Impulsregion stolz, am Donnerstag Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), OB Thomas Nitzsche (FDP), Bundestagsabgeordneten Holger Becker (SPD), Thomas Seidel von der internationalen Lutherstiftung und Erfurts Intendanten Guy Montavon als Honorarkonsul der Schweiz begrüßen zu können.
Eine Einstimmung gibt Stadthistoriker Rüdiger Stutz, während Christopher Spehr als Dekan der Theologischen Fakultät der Uni das Thema des Tages vertieft. Eine eigene Bühne vorm „Bären“ hat die Theatergruppe der Gemeinde Lutherhaus, die Luthers „Bären“-Dialog nachspielen wird.
Bianka und Andreas Kamprad als Inhaber des „Bären“ sehen in der Feier ein Sinnbild des Aufbruchs der Gastronomie nach den Corona-Monaten. „Wir wollen sehen, dass wir Normalität zeigen“, sagte Andreas Kamprad. „Da nutzen wir die Möglichkeiten, die die Geschichte serviert.“ Gleichwohl messe die Stadt Jena dem Luther-Jubiläum wohl „im Moment relativ wenig Bedeutung“ bei.
In den Verkauf gelangen am Donnerstag „Lutherbibeln“ – in ihrer Urform einst im Jenaer Karmelitenkloster gedruckt. Und Kamprads bedienen am Donnerstag mit dem Fünf-Gänge-Luthermenü das Gaumenfreuden-Image des Reformators. Besonders gefragt: Lutherbrötchen, deren Innenleben aus mariniertem Schweinefleisch besteht.